Unbehagen, Stress, schlechter Schlaf: Lies, wie du dich gegen diese psychische Belastung im Angesicht von Dauerkrisen rüstest.
Wie geht es dir heute?
Oft keine so einfache Frage.
Zusätzlich zu unserem mitunter anstrengenden Alltag leben wir gerade in einer extrem fordernden Zeit mit Klima-, Umwelt-, & Energiekrisen, hoher Inflation, den Folgen der Corona Pandemie und einem Krieg in Europa.
Experten sprechen sogar von einem Zeitalter multipler Krisen.
Das kann schon einmal aufs Gemüt schlagen. Aktuellen Studien zu Folge geht es vielen Menschen tatsächlich deshalb auch mental nicht gut.
Wir haben uns in diesem Artikel die Hauptgründe dafür angesehen.
Außerdem haben wir mit Astrid Arbeiter, Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin aus Graz, gesprochen und uns Tipps für mentale Gesundheit in Krisensituationen geholt.
Ihr findet sie in diesem Artikel kompakt aufbereitet.
Inhaltsverzeichnis
TogglePsychische Belastung: Das machen Dauerkrisen mit uns
Die Corona Pandemie war anstrengend.
Alltägliche Dinge waren plötzlich nicht mehr selbstverständlich, wie z. B. Umarmungen oder Einkaufen ohne Maske. Dazu gab es u. a. Ausgehbeschränkungen und verordnetes Home Office oder Home Schooling.
Die Akutphase der Pandemie ging zu Ende. Doch die Welt drehte sich weiter und hatte eine Handvoll weiterer Krisen für uns parat. Verschnaufpause? Fehlanzeige.
Das macht nun vielen Menschen zu schaffen.
Einer Studie der Betriebskrankenkasse Pronova zufolge haben in den letzten drei Jahren psychische Erkrankungen in Deutschland zugenommen. Das belegen die Aussagen von 150 Psychiater:innen und Psychotherapeut:innen, die Anfang 2023 befragt wurden.
Sie berichten, dass Depressionen und depressive Verstimmungen und Schlafstörungen aktuell verbreiterter seien als in den Coronajahren bzw. davor. Insgesamt lautete die häufigste Diagnose bei psychischen Beschwerden in Deutschland im Jahr 2022 “Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit”.
Die Fachärzte sehen den Grund u. a. darin, dass den Menschen im Angesicht der Multikrisen die Chance fehle, Resilienz (psychische Widerstandskraft) aufzubauen und unbeschwert durchzuatmen.
Besonders belastend empfinden der Studie zufolge Menschen unter 30 Jahren und Familien die derzeitige Situation. Die Pandemie, die Klimakrise und die hohe Inflation haben hier besonders ihre Spuren hinterlassen.

Kinder und Jugendliche haben Zukunftsängste
In Österreich leiden vor allem Kinder und Jugendliche unter den aktuellen Krisen und ihren Folgen. Dies belegt die WHO-HBSC-Studie 2021/22.
Der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch sieht im Vorwort der Untersuchung besonders “die Häufung von globalen Problemen” als Grund, dass sich die Jungen um ihre Zukunft sorgen.
Eine Studie, die das Gallup Institut im Auftrag der Wiener Städtischen Versicherung durchgeführt hat, zeichnet ein ähnliches Bild. Dafür wurden in Österreich 1.000 Personen im Alter von 16 bis 70 Jahren befragt.
Etwa 25 Prozent der interviewten Österreicher:innen ging es laut der Umfrage 2022 mental schlechter als noch ein Jahr zuvor.
Als Gründe für die psychische Belastung wurden hier besonders die Corona-Krise, der Ukraine-Krieg und finanzielle Sorgen genannt.
Annähernd die Hälfte der befragten Personen der Studie mit Kindern gab an, dass diese im Moment ihrer Einschätzung nach mental leiden. Besonders Eltern von Teenagern haben dies festgestellt.
Was kannst du nun tun, damit Dauerkrisen dich und deine Familie nicht müde machen? Wir haben nützliche Tipps und wirksame Methoden für dich gesammelt. Lies weiter.
Achtung: Wir sind keine Ärzte – und dieser Artikel ersetzt keine ärztliche Beratung.
5 hilfreiche Tipps, wie du einen kühlen Kopf bewahrst
Krisensituationen können akut auftreten – wie z. B. ein Blackout.
Oder uns täglich beschäftigen und konfrontieren, wie z. B. die Klimakrise oder der Ukraine-Krieg und deren Folgen.
Beides kann mental anstrengend sein und eine psychische Belastung darstellen.
„Der erste wichtige und notwendige Schritt wäre es anerkennen und annehmen zu können, dass die momentane Zeit eine sehr herausfordernde für uns ist. Wir sind mit vielen unterschiedlichen Themenfeldern konfrontiert, vieles, das für uns bisher so selbstverständlich war, ist aktuell in einem Prozess der Veränderung.”
Astrid Arbeiter, Psychologin
Im Gespräch mit Psychologin Astrid Arbeiter haben wir fünf wertvolle Maßnahmen kennengelernt, die helfen können, sich psychisch auf genau solche Krisen vorzubereiten:
1. Anerkennen & annehmen
Krisen können uns aus der Bahn werfen. Darunter kann unser seelisches Gleichgewicht leiden.
Sich selbst in dieser Situation einzugestehen, dass es ok ist, verunsichert zu sein, ist ein erster notwendiger Schritt.
2. Sport, Yoga oder Meditation
Bewegung hilft dabei, Stress abzubauen, Glückshormone zu produzieren und weniger nachzudenken.
Ideale Voraussetzungen, um den Kopf freizubekommen und psychische Belastung zu reduzieren.
3. Atemübungen
In Stresssituationen schlägt das Herz schneller, der Blutdruck steigt, wir sind angespannt und atmen schneller und flacher.
Atemübungen helfen uns dabei, uns zu entspannen. Sie sind trainierbar und können überall angewendet werden.
4. Bewusster Medienkonsum
Der Umgang mit Medien beeinflusst unsere mentale Stabilität.
Es kann hilfreich sein, die Zeit für Medienkonsum zu begrenzen und vor dem Schlafengehen keine aktuellen Nachrichten mehr zu verfolgen.
5. Glücks- oder Dankbarkeitstagebuch
Die Form des Tagebuchs ist eine gute Übung, um aus Gedankenspiralen auszubrechen und sich wieder auf positive Aspekte und Freuden zu konzentrieren.
Es ist ratsam, damit außerhalb akuter Krisensituationen zu starten, damit man Übung darin hat.

Zwei Tools möchten wir euch nun näher vorstellen: Die Methode des Glücks- oder Dankbarkeitstagebuchs und wirksame Atem- und Konzentrationsübungen.
Glücks- oder Dankbarkeitstagebuch: Das steckt dahinter
Bei dieser Form des Tagebuchs machst du dir Gedanken über die schönen Dinge in deinem Leben. Das trägt dazu bei, dass deine Aufmerksamkeit wieder auf das Positive gelenkt wird.
Die Methode ist erprobt in der Psychologie.
Der US-Psychologe Robert Emmons widmete Anfang der 2000er-Jahre dem Dankbarkeitstagebuch eine eigene Studie.
Die Untersuchung zeigte die positiven Effekte dieser Tagebuchform auf. Den Proband:innen ging es im Unterschied zur Vergleichsgruppe messbar besser.
Sie waren optimistischer, fühlten sich vitaler und schliefen länger.
So unterscheiden sich die beiden Tagebuchformen
Bei einem Glückstagebuch schaust du z. B. auf Dinge oder Momente, die dich erfreut haben und zufällig passiert sind. Beispiele können ein bunter Sonnenuntergang oder eine freundliche Begegnung sein.
Beim Dankbarkeitstagebuch steht der/die Autor:in selbst im Fokus. Themen rund um einen herum, für die man dankbar ist, können darin nieder geschrieben werden: z. B. “meine Gesundheit”, “mein gemütliches Zuhause” etc.
Wie du damit am besten startest
Du möchtest mit einem Glücks- bzw. Dankbarkeitstagebuch beginnen? Das kann dir dabei helfen …
- Nimm dir eine fixe Zeit vor, zu der du schreiben möchtest, z. B. nach dem Aufstehen oder vor dem Schlafengehen.
- Setze dir selbst einen Reminder, so vergisst du nicht darauf und kannst die Routine einfacher etablieren.
- Notiere dir jeden Tag ca. drei bis fünf Dinge bzw. Aspekte oder Ereignisse.
Effektive Atem- und Konzentrationsübungen
Atemtechniken unterstützen uns dabei zu entspannen.
Dieses Wissen ist gerade in Hinblick auf mögliche psychische Belastungen, z. B. in Krisensituationen essenziell.
Mit etwas Übung können wir die Techniken souverän anwenden und besser mit Angst und Stress umgehen.
Es ist wichtig, in einer entspannten Atmosphäre zu starten und die Übungen regelmäßig zu praktizieren. So haben wir das Wissen dazu verinnerlicht und können auch in Ausnahmesituationen darauf zurückgreifen.
Unser vegetatives Nervensystem besteht aus zwei Teilen: dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Während der Sympathikus bei Stress aktiviert wird (S = Stress), wird der Parasympathikus bei Entspannung aktiv (P = Pause).
Mit Atemübungen können wir den Parasympathikus beeinflussen und unseren Körper in einen entspannteren Zustand versetzen. Ängste und Panik können so gelindert werden.
"Wir haben ein ganz wunderbares und wesentliches Instrument ständig bei uns, das wir in belastenden Situationen jederzeit anwenden können und mit dem wir ebenso direkt auf unser vegetatives Nervensystem einwirken und es beruhigen können – unsere Atmung."
Astrid Arbeiter, Psychologin
Bewährte Techniken im Überblick
- 4 – 7 – 8 Atmung
So gehts: 4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden den Atem anhalten, 8 Sekunden ausatmen. Diese Übung aktiviert den Parasympathikus und löst Entspannungsgefühl aus. - Wechselseitige Nasenatmung
So gehts: Auf dieser Website findest du eine detaillierte Anleitung dazu. - Von 1.000 rückwärts immer 7 abziehen
Mit dieser Übung lenkst du dich gut ab und grübelst weniger. - Konzentration auf die 5 Sinne
So gehts: Hier findest du eine hilfreiche Anleitung. - Smartphone App “Insight Timer“
Diese App unterstützt dich mit kostenlosen Meditationen. Hilfreich für besseren Schlaf und zur Bewältigung von Stress und Ängsten.

Unser Fazit
Verschiedene Studien in Deutschland und Österreich belegen eine hohe psychische Belastung aufgrund der vielen Krisensituationen.
Dass es uns in Anbetracht von ständig präsenten Dauerkrisen und wenigen bis keinen Erholungsphasen dazwischen, mal nicht gut geht, ist nachvollziehbar.
Die Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin Astrid Arbeiter hat uns Tools gezeigt, mit denen wir aktiv auf unser Wohlbefinden einwirken können.
Neben den Methoden von Glücks- oder Dankbarkeitstagebüchern können Atem- und Konzentrationsübungen hier sehr hilfreich sein.
Wir können dabei abschalten und unseren Blick auf etwas Positives lenken. Das ist gerade in Krisensituationen esenziell.
Es ist ratsam beide Zugänge als mentale Krisenvorsorge außerhalb von Stresssituationen zu üben bzw. zu praktizieren.
Nur so können wir sie in Ausnahmesituationen effektiv anwenden.
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Holprig startete sie mit ihrem Mann Andreas Loidl in die eigene Krisenvorsorge.
Als Lernende betreiben sie Krisenchecker gemeinsam und helfen damit anderen Familien mit Krisenvorsorge zu beginnen bzw. zu vertiefen.
Marina ist ausgebildete Redakteurin und hat Kultur- und Medienwissenschaften studiert. Seit 2010 brennt sie für Online-Journalismus, Content-Marketing und Online-Marketing.
Sie befasst sich hier im Blog hauptsächlich mit persönlichen Erfahrungen zur Krisenvorsorge und gibt User:innen in Form von Interviews eine Stimme.
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